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Der Entwurf des BMF-Schreibens zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen erblickt endlich das Licht der Welt

Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein? Das ist hier die Frage. Von dieser Qualifikation hängt seit der Umsetzung der sog. Gutschein-Richtlinie zum 1.1.2019 die umsatzsteuerliche Behandlung eines Gutscheins ab. Praktiker warten schon lange auf ein BMF-Schreiben, das den nüchternen Gesetzestext mit Leben füllt. Nun hat das BMF einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Er dürfte zumindest einige Praxisfragen beantworten.

Erfreulich ist, dass das BMF einige Klarstellungen aufgegriffen hat, die der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in der Vergangenheit angeregt hatte (vgl. DStV-Stellungnahme S 07/18). So wird etwa klargestellt, dass die umsatzsteuerliche Behandlung von Fahrscheinen oder Eintrittskarten für Kinos und Museen von der Regelung unberührt bleibt. Auch der Hinweis, dass ein Gutschein sowohl physisch als auch elektronisch ausgegeben werden kann, sorgt für mehr Klarheit. An anderen Stellen sieht der DStV jedoch noch Anpassungsbedarf.

Die gute Nachricht vorweg: Der Entwurf des BMF-Schreibens sieht eine Übergangsregelung vor. Demnach soll eine von dem Schreiben abweichende umsatzsteuerliche Behandlung vor dessen Veröffentlichung nicht beanstandet werden.

Bei einem Einzweck-Gutschein gilt bereits dessen Übertragung als Lieferung bzw. sonstige Leistung. Die fiktive Leistung unterliegt sodann der Umsatzbesteuerung. Bei einem Mehrzweck-Gutschein führt hingegen erst die Einlösung des Gutscheins zu einem steuerbaren Umsatz (§ 3 Abs. 15 Satz 2 UStG). Wird ein Einzweck-Gutschein nicht eingelöst, soll der Aussteller nach Ansicht der Finanzverwaltung in der Regel mit der Umsatzsteuer belastet bleiben. Den Aussteller eines Mehrzweck-Gutscheins soll hingegen bei Nichteinlösung keine Steuerpflicht treffen. Diese unterschiedliche Behandlung erachtet der DStV als systematisch zweifelhaft. Letztlich würden Aussteller von Einzweck-Gutscheinen wirtschaftlich gegenüber Ausstellern von Mehrzweck-Gutscheinen benachteiligt.

Die Finanzverwaltung plant in ihrem Schreiben erfreulicherweise etliche Beispiele. Einige praktische Probleme lässt sie in ihrem Entwurf jedoch noch außen vor. So fehlen in dem Entwurf etwa Ausführungen, wie sich Sortimentsänderungen auf ausgegebene und noch nicht eingelöste Einzweck-Gutscheine auswirken. Gibt beispielsweise ein Bekleidungsgeschäft Einzweck-Gutscheine für ihr ausschließlich dem Regelsteuersatz unterliegenden Sortiment aus und erweitert dieses später um Literatur (zum ermäßigten Steuersatz), steht dies einer weiteren Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen entgegen. Schließlich kann bei Gutscheinausgabe die Steuerlast nicht sicher bestimmt werden. Wird ein zuvor bereits ausgegebener Einzweck-Gutschein später für Waren zum ermäßigten Steuersatz eingelöst, ergeben sich Ungereimtheiten. Schließlich hat der Unternehmer bei Ausgabe des Gutscheins bereits eine Besteuerung mit 19 % vorgenommen. Der DStV regt hier ergänzende Ausführungen seitens der Finanzverwaltung an.

Ein Einzweck-Gutschein kann per gesetzlicher Definition nur dann vorliegen, wenn zum einen der Ort der Lieferung bzw. der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, feststeht. Und zum anderen muss die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins bestimmbar sein. Daher dürften für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die steuerfrei erbracht werden könnten, aus Sicht des DStV keine Einzweck-Gutscheine ausgegeben werden können. Schließlich kann bei Gutscheinausstellung die später geschuldete Steuer noch nicht bestimmt werden. Typische Fälle wären insoweit Gutscheine für Leistungen, die als Ausfuhr oder innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein könnten. Auch Gutscheine für Lieferungen, deren Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgen könnte, sollten aus Sicht des DStV höchstens Mehrzweck-Gutscheine sein können. Gleiches gilt aus seiner Sicht für Gutscheine für Leistungen, für die der Empfänger die Steuer schuldet. Es wäre äußerst wünschenswert, wenn sich die Finanzverwaltung zu diesen Unsicherheiten äußern würde.